Seien wir mal ehrlich: auf dem Weg zur neuen persönlichen Bestzeit zählt nicht nur Disziplin, mit entsagungsreicher Unterwerfung unter das Diktat des Trainingsplans. Nein! Wir beobachten auch diskret die Trainings unserer direkten „Konkurrenten“, werfen einen Blick auf deren Schuhwerk, auf die Laufuhr, analysieren den Laufstil, erfragen listig deren Spezialitäten und Gewohnheiten. Das einfache Konzept besteht letztlich darin, durch bloße Nachahmung unserem Ziel näherzukommen.

Schloss Nordkirchen - traditioneller Kontext

Nachahmung hat auch eine lange Tradition und wird schnell verziehen, wenn das Ergebnis stimmt. Ein beeindruckendes Beispiel für diese These ist das Schloss Nordkirchen selbst, die einmalige Kulisse für den Halbmarathon des FC Nordkirchen. Stolz spricht man heute vom Westfälischen Versailles. Ja, genau. Ein regionaler Regent wollte sich vor gut 300 Jahren mit dem architektonischen Imitat in eine Reihe setzen, mit den führenden Königshäusern Europas. Es konnte somit kaum ein passenderes und schöneres Ambiente dafür geben, als an diesem Samstag den Wert der Nachahmung läuferisch auf die Probe zu stellen.

Vorbilder

Im Starterpulk stehend, streift mein Blick vom Schlossteich mit dem darauf drappierten Alltagsmenschen-Ensemble, über die barocke Schlossfassade, letztlich auf meine Füße. Ich muss gestehen, als der erste LG Burgler mit Carbonschuhen um die Ecke kommt, war Nachahmung angesagt. Die Sache hat sich aber in einer moderateren Variante durchaus bewährt.

Pünktlich um 18.00 Uhr ertönt für die heute 222 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Startsignal. Gleich auf den ersten Metern schaue ich mir ein läuferisches Vorbild aus, welches möglicherweise den negativen Split besser beherrscht als ich und übe mich in … Nachahmung. Tatsächlich, bei sommerlichen Temperaturen erreiche ich mit dieser Hilfe exakt in der geplanten Zeit nach der ersten 10 km-Runde wieder die lange Baumallee und das Kopfsteinpflaster des Schlossparks. Nach dem kühlenden, dichten Wald des absolut sehenswerten Schlossparks überlege ich mir in der zweiten Runde, die Verpflegungspunkte einfach zu ignorieren, um wichtige Zehntel zu sparen. Keiner der schnellen Läufer vor mir, hat bei den hochsommerlichen Temperaturen offensichtlich eine ähnlich dumme Idee. Wieder ist Nachahmung angesagt und ich greife mir die Becher. Bald bin ich erneut auf Vorbilder angewiesen. Man passiert die Siedlungen in Südkirchen und gelangt etwa bei KM 15 über einen langen, leicht ansteigenden Schotterweg ins ländliche „Auf dem Obsen“. Instinktiv neige ich dazu, trotz Gegenwind und schwerer Strecke blindlings das Tempo hochhalten zu wollen. Ich komme den klügeren Läufern vor mir dadurch zwar näher, aber ich entscheide mich letztlich doch dafür, den Vorbildern zu folgen und meinen Ehrgeiz zu bremsen. Die eingesparten Körner verwende ich lieber für einen langen Schlussspurt. Der führt mich ganz ohne Vorbilder am Schloss vorbei, nochmals durch den erfrischenden Wald, zum benachbarten Stadion.

Nachgedacht

Nach der langen Stadionrunde steht dann natürlich zur Debatte, ob ein gutes Ergebnis dereinst vergessen lassen wird, dass die besseren Ideen in diesem Rennen nicht meine eigenen waren. Ich fixiere etwas ungläubig die Zieluhr und kann es kaum glauben. Eine Zeit sehr nahe an der PB! Sogar der Altersklassensieg ist zu vermelden. Nach diesem für mich beeindruckenden Verlauf, nehme ich mir die Zeit, um Bilanz zu ziehen. Kein Zweifel, es kann frei nach G.B. Shaw keine bessere Gelegenheit geben, Anerkennung auszudrücken, als wenn es im nächsten Jahr beim FC Nordkirchen wieder heißt: Zeit für Nachahmung!

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