Manchmal braucht der Mensch – und der Läufer ganz besonders - offensichtlich den ganzen Druck von fest an ein Datum gebundener Rituale, um sich neu zu entwerfen, eine Positionsbestimmung vorzunehmen oder auch nur die berühmten guten Vorsätze zu fassen.

Endlich mal dehnen, besser ernähren, längere und mehr Intervalle, jetzt aber mal wirklich, ab heute … ! Irgendein dahergelaufener Tag im Jahr ist für derart ambitionierte Phasen der Persönlichkeitsentwicklung viel zu profan. Eine Top-Gelegenheit ist hingegen seit langer Zeit der bedeutungsschwangere Jahreswechsel. Silvester! 

Ein Silvesterlauf sorgt an dieser Stelle für den motivierenden sportlichen Schwung und an diesem besonderen Tag auch für die wunderbare Extraportion „Gefühl“. Mit dem Rückenwind eines großartigen Lauferlebnisses das Jahr abschließen zu können ist wirklich eine ideale Ouvertüre für einen neuen sportlichen Abschnitt. An kaum einem anderen Tag ist der Laufkalender deshalb so dicht gefüllt. Leider sind die entsprechenden Massenveranstaltungen in diesem Jahr unvermeidbarer Weise „in Verruf“ geraten und der Laufkalender leerte sich zur Jahreswende unaufhaltsam. Doch die Mitglieder der LG Burg konnten sich – wie immer – auf ihren erfindungsreichen und engagierten Vereinsvorstand verlassen. Nachdem sich auch der letzte Silvesterlauf der Region in Luft auflöste, wurde spontan eine Alternative im kleinen Maßstab für die LG Burgler arrangiert. Trotzdem, was durfte man von einem „Volkslauf“ erwarten, der ohne alle Insignien einer echten, professionellen Veranstaltung auskommen musste? Konnte es gelingen, aus dem Kleinen unserer Heimat mit Improvisationstalent eine echte Bühne zu zimmern? Für alle die nicht dabei sein konnten, hier ein persönlicher Eindruck dazu, wie die Sache ausging.

Kaum jemand der eiligen Autofahrer auf dem Autobahn-Zubringer hat wohl geahnt, dass die sich unter seinen Rädern befindende Betonkulisse in Form einer Brücke, der LG Burg auch als perfekte Startkulisse diente. Gut belüftet, trocken, verkehrsgünstig gelegen und sogar mit überdachten Parkplätzen ausgestattet. Fast vierzig Vereinskollegen und -kolleginnen standen schließlich an der gedachten Startlinie zwischen den beiden ersten Birken der dann folgenden kleinen Allee. Ein besonderes Highlight unter all den Routiniers war dabei die quicklebendige Walkinggruppe, die mit ihrer erfolgreichen Wettkampfteilnahme eine Premiere erlebte. Nach dem obligatorischen „Auf die Plätze, fertig, los“ von Martin Masjosthusmann ging es auf dem topfebenen Radweg in Richtung Lintel, dem ländlichen Außenposten von Rheda-Wiedenbrück. Sogar auf die üblichen Kilometerausschilderungen mussten wir Läufer nicht verzichten. An einem gut markierten Wendepunkt waren nach einer Unterführung und dem Passieren des Betonwerks dann die ersten 2,5 km erreicht. Jetzt hieß es, bei kräftigen Gegenwind wieder die Heimreise anzutreten. Wer sich für die 10 km Strecke entschied, hatte zweimal das Vergnügen und konnte angesichts kaum vorhandener Kurven und Höhenmeter auf neue persönliche Bestzeiten hoffen. Aber auch ohne handgestoppte Bestzeiten gab es im Ziel zur Belohnung leckere Berliner, heißen Tee und den gewohnt entspannten Austausch.

Andererseits, bei Lichte betrachtet, muss man nicht ein nüchternes Fazit ziehen? Kaum Teilnehmer, nur handgestoppte Zeiten, Laufen an der Bundesstraße, ein Betonwerk statt schöner Landschaft, ein unangenehmer dunkler Tunnel, keine Zuschauer und eine Brücke als Stadionersatz. Die Wahrheit ist aber, dass der Silvesterlauf der LG Burg am Ende wohl uns allen ohne Zweifel gezeigt hat, dass es im Läuferleben vor allem auf das gelebte, echte Lächeln in einer Laufgemeinschaft ankommt und dieses Lächeln braucht: Genau diese Kleinigkeiten!