„Abgesagt“ ist für uns Läuferinnen und Läufer das Wort der Stunde. Die Volkslaufszene ist am Boden. Richten wir sie wieder auf. Unter diesem Motto soll an dieser Stelle über Volksläufe berichtet werden, die stattgefunden hätten, aber abgesagt werden mussten. Damit soll nicht nur bei uns die Freude auf bessere Zeiten erhalten bleiben. Den vielen engagierten Vereinen soll gezeigt werden, dass sie auf uns zählen können. Den Anfang macht der 39. Syltlauf, der am 15. März stattgefunden hätte und vom TSV Tinnum 66 organisiert wird.

Nur rund 320 Meter misst die schmalste Stelle auf Sylt. Für einen Rundkurs ist das wirklich sehr wenig und so findet der Syltlauf kartographisch betrachtet auf einer schier endlosen Geraden statt. Sie reicht vom südlichsten Insel-Dörfchen Hörnum bis nach List, der nördlichsten Gemeinde Deutschlands.

Über das persönliche Schicksal auf den genau 33,33 Kilometern des Syltlaufs entscheidet dabei einzig und allein der Wind. Gefürchtet ist vor allem der eisige Nordwind, dem man angesichts der Laufrichtung auf der gesamten Distanz schutzlos ausgeliefert wäre. Er macht diesen Lauf zu einer unkalkulierbaren Strapaze.

Zum Start versammeln sich die über 1.000 Starter auf der einzigen „echten“ Landstrasse der Insel. Nach kurzer Zeit fädelt sich das Läuferfeld dann auf den Radweg direkt an der Straße ein. Das bietet Auto- und Radfahrern für die nächsten Kilometer die wunderbare Gelegenheit, Läufer auf der Straße freundlich hupend zu begleiten. Hat man das wattseitige Naturschutzgebiet Rantumer Becken bei Tinnum erreicht, geht es kurze Zeit danach links ab nach Westerland.

Auf der dortigen Strandpromenade erwartet die Läufer ein wirklich begeistertes Spalier an Zuschauern, musikalische Begleitung, ein motivierender Moderator und ein Verpflegungspunkt. Über Wenningstedt führt der Kurs weiter nach Kampen, dem angeblich teuersten Dorf Deutschlands. Jetzt folgt die landschaftlich wohl schönste Etappe durch die Dünenlandschaft der Insel und danach ist das Ziel an der Kurverwaltung in List nicht mehr weit. Am Ende werden die Finisher mit einer Medaille geehrt. Diese zierte 2019 die vier grünen, windschiefen reisenden Riesen. Eine umstrittene Skulptur des Bildhauers Martin Wolke, die seit 2001 den Vorplatz des Westerländer Bahnhofs ziert und dessen Botschaft sich zumindest nicht spontan erschließt. Offensichtlich stemmen sich die Riesen gegen den allgegenwärtigen Wind auf Sylt, der im wahrsten Sinne des Wortes alles aufbläst und im wahrsten Sinne des Wortes selbst den Reisenden über sich hinauswachsen lässt. Das passt doch zur inneren Größe, die wir Läufer nach einer solchen Herausforderung spüren und die man im Gegensatz zu den zahllosen mondänen Immobilien auf einer exklusiven Insel tatsächlich nicht kaufen kann. Allein für diese Erfahrung geht der Dank an die Laufkollegen im hohen Norden.

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