Am 26. April hätte der 20. Deutsche Post Marathon in Bonn stattfinden sollen. Der Lauf wurde abgesagt und soll am 18. Oktober dieses Jahres nachgeholt werden. Alle Infos unter https://www.deutschepost-marathonbonn.de/index.php

Immer in kalendarischer Schlagdistanz zum Hermannslauf findet im April der Deutsche Post Marathon in Bonn statt. Mit seinen weit über 10.000 Startern und mit den Zuschauermassen an der Strecke gehört er zu den größten Laufveranstaltungen in Deutschland. Leider ist es die pure Unvernunft dieses Event mitzunehmen, um wenige Tage später den gefühlten Marathon durch den Teuto zu laufen. Und weil das so ist, sitze ich vor gut zwei Jahren am sehr frühen Sonntagmorgen im Auto auf dem Weg nach Bonn. Startzeit für den Halbmarathon: 8:45 Uhr.

Mir geht es um das Event. Ich möchte einfach nur dabei sein und mit einem guten Bekannten locker den Charme der alten Bonner Republik atmen. Ich brauche dringend einen Lauf ohne Ambitionen, da mein alter Traum einen Halbmarathon unter die für mich magischen 100 Minuten zu laufen, beim Dalkelauf ein weiteres Mal gescheitert ist.

Auf der langen B9 im Stadtzentrum versammelt sich die unübersehbare Läuferschlange. Allein über 6.000 Halbmarathonis warten auf das Startsignal. Wir ergattern einen optimalen Platz in der 2. Startgruppe und starten nur wenige Minuten hinter den Profis. Tausende klatschen, singen, hüpfen. Die Wolken reißen auf, die Sonne strahlt uns ins Gesicht.

Schon nach wenigen Minuten biegen die Läufer auf die Kennedybrücke ein, die den ruhig dahinfließenden Rhein überspannt. Meine Laufuhr meldet sich zum ersten Mal. Klar, wie immer bin ich viel zu schnell unterwegs. Egal. Ich nehme mir vor in Kürze einen Gang runter zu schalten. Nach drei Kilometern fange ich an zu rechnen. Ich könnte 5 Kilometer in gut 23 Minuten anpeilen. Sehr unvernünftig, aber von meinen Beinen gibt es keinen Widerspruch. Ich nehme mir fest vor, bei Kilometer 8 eine lange Erholungsphase einzubauen und die zweite Hälfte frei von jedem Kalkül zu genießen. Nach einem Abstecher durch Bonn-Beuel führt die Strecke wieder zurück zur Kennedybrücke. Von dort aus folgt ein langer Abschnitt auf dem Uferweg. Neben mir steuert stromaufwärts ein Frachtschiff genau in meinem Lauftempo auf sein Ziel zu. Die Besatzung winkt uns zu. Dort erreiche ich Kilometer 13 fast in persönlicher Bestzeit. So geht es weiter. Ich laufe und laufe, ohne mich zu quälen.  

Wir verlassen den Uferweg und laufen auf der Ludwig-Erhard-Allee am Japanischen Garten vorbei, bis zu einem Wendepunkt am Ende des Freizeitparks. Vorbei am Haus der Geschichte, wird mir auf dem Rückweg allmählich klar, dass ich auf dem besten Weg bin, mir den lang gehegten Traum zu erfüllen. Der bevorstehende Hermannslauf ist plötzlich weit weg. Um jetzt nicht einzubrechen, will ich mich etwas schonen, fange an zu taktieren. Aber am Posttower versagen mir kurz vor dem Ziel an einer winzigen Steigung doch die Kräfte. Ich muss ein paar Schritte gehen. Mühsam kämpfe ich mich zurück. Innerlich machen sich Zweifel breit, hier die entscheidenden Sekunden verloren zu haben. Auf der endlosen Zielgeraden am Alten Rathaus ein Blick auf die Uhr. Ich kämpfe um jede Sekunde. Ich glaube noch an einen Messfehler und warte sehnlichst auf die offizielle Bestätigung. Dann ist es amtlich: 01:36:53. 

Wie viele der Läuferinnen und Läufer erleben heute mit mir das Glück der Leichtigkeit eines unerwarteten Erfolges, an dessen Widerkehr wir unermüdlich arbeiten? Ich bin mir sicher, der Deutsche Post Marathon hat es mal wieder perfekt insziniert, wurde tausendfach zur Kulisse für das, was uns Läufer im Ziel so gerne erfasst: die absolut erträgliche Leichtigkeit des Seins.

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