Fußweg für Böckstiegel

Der Namenspatron des Böckstiegellaufs wuchs bekanntlich in wirtschaftlich bescheidenen, ländlichen Verhältnissen auf.

So musste er als junger Mann von seinem Elternhaus in Arrode aus, jeden Tag zu Fuß den wohl gut 10 km langen Weg nach Bielefeld bewältigen, zu seinem damaligen Lehrmeister Rottmann. Als ich diesmal ziemlich erschöpft an seinem Elternhaus vorbeilaufe, frage ich mich, was er wohl über die zahlreichen Läufer und Läuferinnen des Böckstiegellaufs gedacht hätte. Vermutlich hätte er sich kopfschüttelnd gefragt: Warum tut man sich das an? Unvorstellbar, sich freiwillig derart zu plagen. Könnten sich diese offensichtlich begüterten Menschen doch dem Müßiggang hingeben. 

Ein Fall für die Psychologie

Es dauerte viele Jahre bis die Psychologie Antworten auf diese Frage gefunden und das Thema treffend als Anstrengungsparadox bezeichnet hat. Warum also versammelten sich mit mir weit über 500 Starterinnen und Starter bei bestem Ausflugswetter im Schatten des Sendemastes auf der Hünenburg, nur um sich schwitzend durch den Wald zu quälen? Schon mit dem Fahrrad hätte ich schließlich wunderbar entspannt nach Werther fahren können, um dort vielleicht bei Kaffee und Kuchen einfach den Tag zu genießen. Das ist doch echt paradox, der Anstrengung den Vorzug zu geben! 

Im Wesentlichen hat die Wissenschaft zwei Antworten gefunden. Die eine Antwort lautet, dass es großen Spaß macht, die eigenen Fähigkeiten immer wieder erfolgreich (!) auf die Probe zu stellen. Herausforderungen dafür gab es diesmal genug. So sorgte das phantastische Wetter zwar für beste Fernsicht, aber auch für fast unerträgliche Hitze. Die 18 km Langdistanz ist zudem mit ihren ca. 230 Höhenmetern nicht von Pappe. Ganz zu schweigen von den trailartigen Waldwegen auf den ersten 8 Kilometern.

Ein Lauf für Genießer

Die andere Antwort der Psychologen ist, dass die Sache für uns stets gut trainierte Läufer gar nicht so anstrengend ist, wie es für Ungeübte den Anschein hat. Für diese These spricht viel, denn der Böckstiegellauf ist ein wunderschöner Landschaftslauf den man genießen kann. Die abwechslungsreiche Strecke führt aussichtsreich über die Hänge des Teutoburger Waldes. Vom langen Anstieg auf den 316m hohen Hengeberg läuft man dann wie von selbst in das Tal hinein, mit jedem Meter auf die Heimatstadt des berühmten westfälischen Malers zu. Zuvor wird man natürlich am Verpflegungspunkt bestens versorgt und läuft am beeindruckenden Steilhang des Fluggeländes Ascheloh (Risikoparadox?) vorbei. Bei dieser Gelegenheit passiert man eben auch dessen Elternhaus, bzw. das neu erbaute Böckstiegelmuseum. Im Ziel wird man nicht nur namentlich begrüßt, sondern von den vielen „unbeteiligten Müßiggängern“ angefeuert und anschließend sportlich standesgemäß versorgt. Alles tip top! Die Veranstalter haben damit auf jeden Fall alles getan, um das Anstrengungsparadox für uns aufzulösen. Keine Frage also, wer beim Böckstiegellauf mitmacht gibt sich einer gewissen Anstrengung hin. Aber angesichts der vielen Highlights und der allenthalben freundlichen Atmosphäre war für mich klar, diese Anstrengung anzugehen ist vor allem eins: echt nicht paradox!

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