Der  Berglauf des LC Solbad Ravensberg – Gespür für Unendlichkeit

Nach pandemiebedingt langem Warten auf den neuen Berglauf des LC Solbad stehen an einem Sonntag im November mit mir die ersten der insgesamt gut 100 Bergläufer vor dem kleinen Zelt des Startkorridors. Dann wird auch endlich mein Name aufgerufen und ich verfolge gebannt den Zeiger einer großen Stoppuhr. Wie alle anderen auch, werde ich jeweils einzeln im 30-Sekundentakt auf die Reise geschickt. So hat der Veranstalter nicht nur umsichtig die Gefahr gebannt, im Dunstkreis infektiöser Aerosole starten zu müssen. Es war zudem ein symbolisches Bild dafür, das es auf dem Weg zur finalen und phänomenalen Aussicht vom Luisenturm einzig und allein auf das eigene „Selbst“ ankommt, sogar im sanften Hügelland des Teutoburger Waldes! Auch die 10 Starterinnen und Starter unserer wahrhaftigen Lauf-Gemeinschaft LG Burg mussten sich dieser mentalen Herausforderung stellen.

Trotz der eher bescheidenen Topographie des Teutoburger Waldes bietet die Strecke ausgehend vom kleinen Wanderparkplatz am Hengbergweg über 5 km einen nahezu ununterbrochenen und mehr als respektablen Anstieg – wie man hörte. Mit großem Respekt widme ich mich deshalb den zunächst eher kleineren Anstiegen entlang der Felder, bis diese nach ca. 1,5 km auf die Hauptstraße stoßen.

Nach dieser Etappe kommt schnell das Gefühl auf, gegenüber unserem heiß geliebten Teuto diesmal doch der Stärkere zu bleiben, denn es folgt unerwartet früh eine Gefällstrecke. Kurze Zeit später wird leider schnell klar, wie weit weg der zum Greifen nahe 307m hohe Gipfel des Wendepunktes am Hollandskopf von dort aus tatsächlich noch ist. Auf der kurvenreichen Straße folgt erst das Keuchen, dann rauscht die Pace in den Keller und die Gehpause droht zur Stehpause zu werden. Als Läufer beschäftigt man sich in solchen Situationen schon zwangsläufig mit Grenzen, vor allen mit den eigenen Grenzen. Kaum ist eine neue persönliche Bestzeit erreicht, schon setzt die kritische Nachbetrachtung darüber ein, an welchen Stellen dennoch wertvolle Sekunden verloren wurden. Der Schmerz geht, der Stolz auch. Der Läufer verfällt dabei unvermeidbar einer selbst gewählten, anstrengenden Paradoxie: je mehr er die Grenzen spürt, desto intensiver werden die Bemühungen die Grenzen zu überwinden, als wenn es eine Unendlichkeit gäbe. Ausgerechnet die Grenzerfahrung stärkt also immer wieder aufs Neue den Glauben daran, dass es Grenzen gar nicht gibt, sie zumindest bis in die Unendlichkeit verschoben werden können. Das ist echt unsinnig! Nach minutenlanger, aufopferungsvoller Grenzverschiebung erreiche ich schließlich den erlösenden Wendepunkt am besagten Hollandskopf und genieße die folgende Gefällstrecke.

Leider findet diese vollkommen unerwartet, ausgerechnet auf den letzten 50 m, in Form eines kleines Anstiegs ein abruptes und unerwartetes Ende. Wer bin ich denn, mit einer Gehpause ins Ziel zu schreiten? Erst nach einer weiteren kleinen Grenzverschiebung erreiche ich dann doch laufend am Fuße des Luisenturms das Ziel. Endlich! Auf den Treppen des Luisenturms sitzend blicke ich kurze Zeit später in die Runde und spüre, dass sich die Sache wirklich gelohnt hat. In diesem Augenblick war eben in den erschöpften Gesichtern aller Finisher klar zu erkennen, dass der LC Solbad mit seinem Berglauf nicht nur für mich eine perfekte Bühne dafür geboten hat, was wir Läufer immer wieder aufs Neue suchen: dieses schöne Gespür für Unendlichkeit.

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