41. Silvesterlauf Werl-Soest: dieses eine Prozent!

 

Zwar wurden Straßen schon häufiger zum Sehnsuchtsort stilisiert, man denke an die Route 66,

aber das klebrig schwarze Bitumengemisch wurde selten so poetisch eingerahmt, wie seinerzeit von Reinhard Mey. Da ist die trostlose, nasse Startbahn eines lärmenden Flughafens der bebende Asphalt, der zum Ausgangspunkt des menschlichen Bedürfnisses nach Freiheit wird, die ohnehin, allen anderen Versprechungen zum Trotz, nur über den Wolken grenzenlos ist. Klare Sache dennoch, dass diese Location für uns Läuferinnen und Läufer bei unserer von Silvester inspirierten Suche nach dem wahrhaft bebenden Asphalt keine Option sein kann. Ob der größte Silvesterlauf Deutschlands, der zudem als wahrhaftiger Spendenlauf auftritt, in dieser Hinsicht aber alle Anforderungen erfüllt, war für mich die große Frage. Mit von der Partie waren die LG Burgler Sebastian Bewermeier, Mirco Mühlenjost, Norbert Windau und Dirk Hansmeier.

 

Der bandagierte Patient

Auf jeden Fall markiert die eine, die eine große einsame Straße den ersten und prägenden Pluspunkt des Silvesterlaufs. Dieser 15 km lange Abschnitt der geschichtsreichen B1 von Werl nach Soest, der gerade einmal rund 1% der längsten Straße Deutschlands ausmacht, ist die perfekte Bühne für ein läuferisches Volksfest. Hier kann man sich mit permanenter Motivation durch die Zuschauer an der gefühlten Endlosigkeit der Strecke diszipliniert abarbeiten. Eine Frage des Willens, sich dabei nicht von der Topographie dieses einen Prozents mental in die Knie zwingen zu lassen. Selbst dann nicht, wenn die sanften aber langen Anstiege mit unseren Beinen eine kleine Diskussion über das Fortkommen entfachen. Dabei erfolgte doch erst wenige Minuten zuvor der kraftgebende, stimmungsvolle Auftakt für die exakt 3.260 Finisher aller Disziplinen vor der Stadthalle in Werl.

Von dort aus wurden die Aktiven mit ihren Zugläufern nach La-Ola-Welle und ekstatischem Klatschen stadtauswärts von einem jubelnden Zuschauerspalier begleitet und Richtung Soest verabschiedet. Manche bis zur Unkenntlichkeit als Patient bandagiert, mit freundlicher Begleitung einer Krankenschwester. Andere bevorzugten statt Läufer-Outfit lieber ein rosa Häschenkostüm, aufblasbare Drachen oder Ketchup-Flaschen. In dieser Riege erschienen die klassischen Feuerwehrmänner, Barfußläufer, tätowierte Oberkörper und Elternteile mit Kinderwagen dann schon fast als Normalfall. Der Startschuss kam übrigens von einem echten Veteran des Silvesterlaufs. Er ist mit seinem Fuhrpark seit 1982 für den Transfer der Läufer von Soest nach Werl verantwortlich und hatte in den Jahren 1985 und 1993 mit Emil Zátopek immerhin einen wirklich legendären Vorgänger. Eine echt sympathische Geste der Veranstalter, die gemeinsam mit dem Busunternehmer die erste Ausgabe des Silvesterlaufs noch mit handgeschriebenen Teilnehmerlisten und nur 70 selbst geschmierten Brötchen für alle Helferinnen und Helfer der DJK Grün-Weiß Werl den Lauf stemmen konnten.

 

Spielmannszug mit Bass

Auf dem langen Weg zum historischen Marktplatz in Soest passiert man mit der Sauerkrauthochburg Westönnen und den Dörfern Mawicke, Ostönnen und Ampen immerhin vier Stimmungsnester mit gut aufgelegten Unterstützern, einem weiteren Pluspunkt der Veranstaltung. Im Ergebnis hat der Silvesterlauf dadurch auch musikalisch einiges zu bieten. Die wummernden Bässe der mit Sonnenbrille perfekt ausgestatteten Wanderer, wechseln sich mit dem modernen Musikgeschmack der Dorfbewohner bis hin zum Spielmannszug ab. So sollte jeder etwas passendes finden. Überhaupt ist das Laufen auf dieser Art Fernstraße eine besonders coole Sache, wenn man musikalisch und vom stürmischen Rückenwind angetrieben, bergab auf die weit vorauseilende Läuferschar blicken und ohne jedes Gedränge richtig Tempo machen kann. In so einem Moment ist man gefühlt doch wieder ganz nah dran, an der Startbahn. Wie war das noch mit dem bebendem Asphalt?

 

Stimmungsmache

Aber irgendwann findet auch diese Gerade ihr vorläufiges Ende. Die übliche Stadtrandbebauung taucht auf, bevor man in Soest auf den letzten gut 500 Metern in die Altstadt einläuft und zu diesem Zweck gerne vom Asphalt auf Kopfsteinpflaster wechselt.

Auf dem sehenswerten Marktplatz wird man dann gefühlt von tausenden begeisterten Zuschauern in Empfang genommen. Das reicht locker am Köln-Marathon heran. Alle Finisher können sich zudem zur Belohnung mit der hübschen Medaille schmücken. Diese verweist auf das alte Münzprivileg der Stadt Werl und damit auf das erkundenswerte, historische Umfeld des Silvesterlaufes. Das könnte schon der erste gute Vorsatz für das neue Jahr sein. Noch wichtiger war aber für mich ein sehr persönliches Fazit des Silvesterlaufs. Mit den von der LG Burg seinerzeit im Pandemiejahr organisierten, „Genau diesen Kleinigkeiten“ waren wir offensichtlich auf dem richtigen Weg. Der Silvesterlauf hat gezeigt, dass jeder für sein Läuferglück zwar hundert Prozent geben kann, es aber für diese Bühne gar nicht viel braucht, manchmal eben nur: dieses eine Prozent!

 Das Video dazu gibt es hier: Falls ihr Spaß daran habt, hier das Laufvideo:
https://c.1und1.de/@520216389684822481/q_Hqn7bLREqQAxIDa11eww

Ergebnisse, Fotos und weitere Informationen finden sich hier: https://www.silvesterlauf.com/ergebnisse/

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