Wer sich regelmäßig in die eigene anaerobe Sphäre hineinquält, hat sicherlich eine gewisse Offenheit für alle erdenklichen Konzepte, mit weniger Anstrengung letztlich schneller sein Ziel, um nicht zu sagen, das Ziel zu erreichen. Mit musikalischer Unterstützung beim Laufen soll angeblich genau dieses Versprechen verbunden sein.
Durch die zahlreichen nervlichen Verbindungen zwischen dem Gehör und dem Bewegungsapparat, passen wir wie von selbst unseren Laufrhythmus dem musikalischen Rhythmus an und erleben dabei sogar noch einen Genuss, der uns von den Schmerzen ablenkt. Klingt wirklich verlockend. Mein Weg führte mich deshalb direkt zu den klangvollen Lauffestspielen in Salzburg. Wo sonst, als in Mozarts Geburtsort, sollte man tiefer in die Welt aus Musik und Laufsport eintauchen können?
In der sorgfätigen Vorbereitung auf meinen Start als Halbmarathoni lernte ich, dass man nicht nur irgendeine Musik benötigt, sondern eine, dessen Rhythmus genau zur angestrebten Schrittfrequenz passt. Nach dem Studium von Mozarts Werk zwischen Zauberflöte und Kleine Nachtmusik folgte in dieser Hinsicht leider eine Ermüchterung. Das Auf und Ab in seinen Werken mag manche begeistern, für mich als Läufer ist es aber leider völlig ungeeignet. So entschied ich mich, auf die Lösung mit dem Kopfhörer gänzlich zu verzichten und auf die Begleitung von außen zu hoffen. Fraglich blieb, ob das ausreichend sein konnte.
Die Lauffestspiele haben ihren anspruchsvollen Namen vom Umfang her auf jeden Fall verdient. Sie erstrecken sich über insgesamt acht Tage und sind eine gelungene Mischung aus einzelnen Momenten der Bewegung und Sport. Den Auftakt macht am ersten Tag ein kurzer Lauf mit einer Dauer von symbolischen 42,195 Minuten. Wer dann noch Lust auf Sportkultur hat, kann sich am Abend ein musikalisches Laufstück über den "Lauf des Lebens" vom Salzburger Landestheater anschauen. Am darauf folgenden Freitag ist Womens Day mit dem 5,5 km Frauenlauf und am Samstag der Family Day. Hier rennen die Bambinis und auch ein inklusiver Lauf ist im Programm. Passend für die Familien sind diese Aktivitäten mit zahlreichen Spielangeboten in unmittelbarer Nachbarschaft des großzügigen Volksparks gelegen. Gleich daneben befindet sich im übrigen die Marathonmesse
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Am frühen Sonntagmorgen starten als Höhepunkt die übrigen Bewerbe, wie es hier heißt. Zuerst die 10 km Läufer und kurze Zeit später stand ich mit den ca. 2.800 Halbmarathonis und gut 1.000 Marathonis an der Startline vor der Staatsbrücke. Der Start erfolgt so mit direktem Blick auf die hoch oberhalb von Salzburg gelegene, imposante Festungsanlage Hohensalzburg. Der erste Kilometer führt entlang der stattlichen Salzach, die bei den hohen Temperaturen heute etwas kühlende Frische versprüht. Dann folgt man schon bald der weltweit wohl ältesten erhaltenen herrschaftlichen Baumallee in Richtung Lustschloss Hellbrunn. Prächtig, prächtig, dass man nach ca. 2500 Metern gepaarten Baumbestandes quasi direkt durch dessen Gemäuer laufen darf. Für mich das städtebauliche Highlight dieser Veranstaltung. In Richtung Schloss Leopoldskron, dem Hauptdrehort des Filmklassikers "The Sound of Music" erreichen wir einen beschaulichen Weiher, um uns dann allmählich wieder Richtung Altstadt zu bewegen. Schon auf den letzten Kilometern befindet man sich, wenn das Augustinerkloster zur linken Seite auftaucht. Kurz danach passieren die Läufer das Schloss Mirabell, einen beeindruckenden Prunkbau für Gartenliebhaber und ein paar Meter später winkt der Portier vom Hotel Sacher den Läufern freundlich zu. Vorbei am Großen Festspielhaus führt die insgesamt flache Strecke dann ins Ziel am Mozarthaus, wobei die Marathonis die Runde zweimal durchlaufen dürfen.
Und was ist aus der musikalischen Begleitung geworden? Mozart war nicht im Repertoire, aber entlang der Strecke waren zahlreiche Stimmungsmacher positioniert, die viel Rhythmus in allen erdenklichen Stilrichtungen anbieten konnten. Mein Favorit dabei war die Dudelsackcombo, die wie sich später noch herausstellte, überaus freundlich auf jede Ansprache reagierte, Liederwünsche erfüllte und sogar für Selfies zur Verfügung stand. Auch deshalb konnte man ohne Kopfhörer im Ohr die wahre Musik dieses Events erleben. Die belebende Folge aus städtebaulicher Geschichte, gestalteter Natur, musikalischer Stippvisite und natürlich den motivierenden Zurufen des Publikums ist der einzigartige Rythmus dieser Lauffestspiele und der ist im doppelten Sinne ein: bewegender Rhythmus!