Das Leben als Volksläufer bewegt sich letztlich fortwährend auf einer Skala zwischen zwei Extremen: Auf der einen Seite steht die mit mathematischer Präzision vermessene Strecke, die möglichst flach, mit wenig Kurven und topfeben asphaltiert, die durch nichts getrübte persönliche Maximal-Geschwindigkeit verspricht. Auf der anderen Seite lockt hingegen die Strecke mit krummer und nur geschätzter Distanz, auf unerkundeten, hügeligen Waldwegen im unbekannten Terrain.

Eine permanente Wahl also zwischen Zufall und Notwendigkeit geplanter Leistungsbestimmung. An welchem Ende sich der von der Trimindous UG veranstaltete Nienstedter Berglauf befindet?

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Keine Frage, der Nienstedter Berglauf ist zweifellos eher ein Vertreter der wenig planbaren Art des persönlichen Laufgeschehens. Für das Bergrennen des Nordens bietet der bis zu 405 m hohe Deister im an sich flachen Hannoveraner Umfeld tatsächlich die Kulisse für einen seriösen Berglauf, der eben vom Start weg nur eine Richtung kennt: bergauf. Die Angaben zur Distanz und den Höhenmetern schwanken, belaufen sich nach eigener Messung auf etwa 3,3 Km und nicht ganz 200 Höhenmetern. Zu diesem lockeren Umgang mit den Zahlen gesellt sich ein sympathisch improvisiertes Startsetting. Die Startnummernausgabe für die heute 46 Starterinnen und Starter erfolgt an einem Tisch auf dem Bürgersteig, direkt an einer nur gedachten Startlinie auf der abgesperrten Straße. Natürlich stehen aber „nur“ Bruttozeiten zur Verfügung, womit die echte, wahre persönliche Zeit im ungeliebten Reich der Spekulation verbleibt.

Bevor es an diesem warmen Sommerabend für die Läufer bergauf geht, überqueren übrigens exakt 100 Rennradler im fliegenden Start die Startlinie. Die Zweiradler treffen sich in Hannover und nehmen von dort in einem Pulk quasi Anlauf auf das Örtchen Egestorf, um dann ihre Kräfte auf den letzten Kilometern hinauf zum 277 m hohen Nienstedter Pass zu messen.

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Auf der kurvenreichen Passtrasse folgen wir Läufer kurze Zeit später durch das dicht bewaldete Terrain den Radfahrern ins hochgelegene Ziel. Oben angekommen kann man sich auf dem großen Wanderparkplatz mit Getränken und Würstchen versorgen, nachdem man ein Paar Socken als Laufgeschenk entgegengenommen hat. Spätestens jetzt stellt sich dem erschöpften Teilnehmer die Frage nach dem motorisierten Rückweg. Auch an dieser Stelle gibt sich dieser Lauf keine Blöße. Den darf man über einen schön gelegenen Forstweg aus eigener Kraft bewältigen. Wer jetzt bergab torkelnd immer noch Lust für einen Crosslauf im Deister verspürt, kann übrigens später im Jahr beim DeisterCrossing noch über 21,1 km die sogenannte Deisterhölle erobern. So gesehen kann der Nienberger Berglauf natürlich nur eine unbedeutendere Episode sein. Aber wie lautet nun das Fazit dieser kurzen läuferischen Belastungsprobe? Zu klein, zu steil, zu ungenau?

Ja, als sich einst die männlichen Hannoveraner auf der Flucht vor dem Kriegseinsatz im amerikanischen Befreiungskrieg über den Deister ins benachbarte Preußen quälten, war wohl eine Deisterquerung dunkel, strapaziös und gefährlich, alles andere als ein Spaß. Ja, wenn eben deshalb sprichwörtlich eigentlich alles auf ein fatales Ende der Unternehmung hindeutet und der persönliche Leistungsvergleich seine Faszination hat, konnte es im Ziel dennoch keinen Zweifel über das Resümee dieser Veranstaltung geben. Manchmal gibt es läuferisch doch nichts Besseres, als wenn es wieder mal heißt: über den Deister gehen.

Mehr Informationen und Ergebnisse www.passrennen.de

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