In der Zeit um den Jahreswechsel planen viele Sportler/innen ihre Reisen und sportlichen Herausforderungen für das neue Jahr. Für alle, die Wasser, Wind und Weite lieben, stellt uns  unser Laufexperte Rainer Beckers ein reizvolles Reiseziel vor:

Die Läuferinsel Texel - groß genug!

Mit leichtem Surren fährt die tonnenschwere Stahlplatte nach unten. Ein schmaler Lichtspalt erscheint erst langsam, wird dann aber immer größer. Und endlich, vor den dicht gedrängt stehenden Läuferinnen und Läufern auf dem Autodeck der Fähre öffnet sich der ersehnte Blick auf eine der schönsten Laufstrecken in den Niederlanden. Nur noch ein wenig Geduld und die Halbmarathonis werden durch das Signalhorn vom TESO Kapitän höchstpersönlich auf die Strecke geschickt. Zuvor haben alle Bootstarter auf der größten westfriesischen Insel ihre Laufkollegen inklusive Blaskappelle in Den Helder von der Reling aus in Empfang genommen. Hüpften während der kurzen Überfahrt rhythmisch zu den Klängen der Combo. Nun werden Sie ihrerseits von Hunderten Landstartern am Fährhafen begrüßt.

Nach dieser einmaligen Ouvertüre erkunden die Starterinnen und Starter die Schönheiten des Weltnaturerbes Texel und lassen sich schließlich nach der Tour über den Strand, durch Dünen, Wald und Dörfer, im Ziel auf dem historischen Marktplatz des Inselörtchens Den Burg feiern.

Monate später stehen sie wieder an einer Startlinie, diesmal aber auf einer schmalen Straße im unauffälligen t‘Horntje. Es ist ein kleines Klübchen, still und bescheiden. Alle zwei Jahre treffen sich die Ultras um De Zestig Van Texel zu bestreiten. Ein Lauf um die Insel mit garantiertem Gegenwind, vielen Strandkilometern, bis zum Rand des spektakulären Slufter, dem Durchbruch des Meeres ins Inselinnere und einem würdigen Finish mit ausdauerndem Live-Kommentar von Radio Texel. Wem 60 Kilometer nicht reichen, darf die Runde auch zweimal laufen.

Ganz anders geht es beim Winterbosloop zu, der als ältester Wettkampf auf Texel einfach so da ist. Hingehen und mitlaufen. Spontan und familiär eine oder zwei Runden Crosslauf durch das Waldgebiet De Dennen unter die Sohle nehmen.

Anschließend gibt es zwar kein obligatorisches Kuchenbuffet, aber eine gemütliche Kaffeerunde mit Verlosung und Siegerehrung im klassischen Bospaviljoen.

Laufen und Gutes tun? Das geht auch auf Texel. Der legendäre Vis en Patatloop ist ein vielseitiger, als Crosslauf angelegter Spendenlauf. Start und Ziel liegen im hübschen Dörfchen Oosterend. Auch dieser Lauf durch den Nordosten der Insel ist vor allem wegen der unvergleichlichen Stimmung in der Laufgemeinschaft ein einmaliges Erlebnis. Der Höhepunkt der Veranstaltung sind weder Bestzeiten noch Siegerehrungen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes das Fingerfood im dann viel zu kleinen Cafeetje. Dort kann man zur Belohnung wirklich frische, frittierte Seezunge und leckere Pommes mit den Händen essen und genießen. Wunderbar!

Diesen Ausschnitt aus der Laufagenda könnte man noch fortsetzen, z.B. mit dem herausforderndem Texeltrail im Februar. Aber muss man es, um zu zeigen, dass diese Insel auch dank eines sehr aktiven Sportvereins mit einem organisierten Laufangebot aufwarten kann, das unvergleichlich reichhaltig, naturnah und authentisch ist? Texel hat aber auch eine andere läuferisch inspirierende Seite. Mit den Füßen laufend die Relationen der Welt zu erleben, sich als Läufer im Maßstab zu den natürlichen Gegebenheiten zu setzen. Das kann man vom stürmischen Westwind getrieben einzigartig auf den Wegen der wechselvollen Landschaft zwischen der menschenleeren „Wüste“ im Süden der Insel und dem Treibsand vor dem Leuchtturm ganz im Norden. Oder einfach auf dem Deich längs laufen, immer gegen den Horizont, das Wattenmeer als treuer Begleiter. Vorbei an Vogelschutzgebieten, nur unterbrochen durch den alten Fischerhafen in Oudeschild. Diese Wege sind ein Weg für Läufer sich einerseits groß genug zu fühlen für alles was auf der Strecke noch kommen mag. Andererseits aber auch mit jedem Schritt beim sprichwörtlichen Gegenwind zu spüren, dass die eigene Begrenzung immer mitläuft und die Weisheit des Laufens darin besteht sich nicht zu groß zu fühlen, sondern nur groß genug. Eben groß genug für die Zuversicht des nächsten Schrittes und der nicht hinterfragten Selbstverständlichkeit des unverwechselbaren Auftretens. Wie Texel.

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